Was ist eigentlich Beratung?

Das Institut für Beratungsforschung und -weiterbildung e.V. steht für ein neues Konzept von Beratung, das Beratung in den unterschiedlichen Arbeitsfeldern mit Blick auf gesellschaftliche und kulturelle Veränderungen thematisiert. Informations- und Kommunikationsformen haben sich verändert, Alltage werden riskanter und unvorhersehbarer, Verstehen ergibt sich nicht ohne weiteres, Vertrauen kann schnell in Frage gestellt und muss aktiv hergestellt werden, Gemeinsamkeiten scheinen nicht mehr selbstverständlich, Identitäten werden brüchig. Vieles gerät in Bewegung: Planungen finden in zunehmend unsicheren Planungsumfeldern statt, Entscheidungen müssen häufig trotz fehlender Entscheidungsgrundlagen getroffen werden, Orientierung muss auch in zunehmender Unübersichtlichkeit stattfinden.


Und das Handeln unter diesen Bedingungen muss weiterhin professionell, effizient und effektiv bleiben können. Hierbei kann Beratung hilfreich sein.

Denn Beratung ist immer eingebunden in Kontexte, Alltage und Lebenswelten, Beratung erfordert ebenso fachliches wie kommunikatives und reflexives Wissen. Beratung bedeutet nicht nur Handlungstechniken zu beherrschen, sondern ist eine immer wieder kontextuell herzustellenden Mischung aus Handlungs- und Reflexionskompetenz.

Die auf ein Erklärungs- und Handlungsschema reduzierten Problemlösungen geraten in einer komplexen und facettenreichen Umwelt, in der viele Probleme eher balanciert denn gelöst werden können, schnell in eine Sackgasse. Planungen verlangen heutzutage Kultur- und Kontextwissen, Wissen um Paradoxien und Ambivalenzen, Wissen um Brüche und Fehler. Einfache und alte Lösungsmuster der Beratung im Sinne traditioneller psychotherapeutischer Schulen sowie die Reduktion von Beratung auf das Training kommunikativer Abläufe erscheint somit weder problemadäquat noch zeitgemäß und aus wissenschaftlicher Perspektive nicht haltbar.
Verlangt wird vielmehr Ideenreichtum, Sensibilität und Flexibilität sowohl in der Strukturierung wie in der Lösung von Fragestellungen: Sichtweisen Anderer gilt es zu antizipieren und zu integrieren, erfolgreiches Handeln ist gemeinsam zu planen, Wissen zu vermitteln, mit Nichtwissen muss umgegangen werden, Widerstreite sind auszuhalten - all das sind Bestandteile unseres Verständnisses von Beratung.
Auch eine Beratung von Organisationen, die nicht nachhaltig orientiert ist und ihre Erfolge durch gezielte Implementierung langfristig sichert, bleibt nur oberflächliches Handeln - zumeist ohne Wirkung und ohne Qualität.

Qualitätsorientierte Beratung ist demgegenüber lösungsorientierte, helfende und nachhaltige Beratung. Sie ist keine simple Problemlösungstechnik, die nur kurzfristig befähigt, mit einer Fragestellung oder einem Problem erfolgreich umzugehen, sondern die dazu beiträgt, nachhaltige Veränderungen und Ergebnisse zu erzeugen. Diese Beratungsperspektive ist somit effizient wie effektiv ausgerichtet und bestrebt, das zu erreichen, was Beratung immer war: Ein Angebot zur Bildung - für ihre Ratsucher, Teams und Institutionen.

Eine derartige Beratung grenzt sich deutlich von der Beratung als Psychotherapie ab: Zwar kann Psychotherapie auch Beratung sein, aber Beratung in unserem Verständnis ist nicht Psychotherapie, sondern weitaus mehr:

  • Sie ist eine professionelle Form des Umgangs mit Situationen, deren Ausgang Sie nicht wissen (können).
  • Sie ist der Umgang mit Nicht-Wissen - Ihrem eigenen wie dem Ihrer Klientel.
  • Sie ist die reflexive und kommunikative Bearbeitung von Fragestellungen und Problemen.
  • Sie ist im Alltag und in vielen Berufen allgegenwärtig, aber dennoch in vielen Berufen wenig professionalisiert.
  • Sie verlangt für unterschiedliche Arbeits- und Problemfelder unterschiedliche Vorgehensweisen.
  • Sie verändert sich immer - ist plural - und stellt sich den Herausforderungen neuer Kommunikations- und Informationsmedien durch Überprüfung ihres Profils.
  • Sie ist in ihrem Prozess und ihren Ergebnissen ebenso wirtschaftlich wie ressourcenorientiert und nachhaltig ausgerichtet.
  • Sie ist grundlegend interdisziplinär fundiert und greift internationale wissenschaftliche Beratungsentwicklungen auf.
  • Sie ist ethisch fundiert, bevormundet nicht, fördert Vielfalt und erhält Pluralität aufrecht, tritt für Toleranz ein und weiß mit dem kulturell wie alltäglich Fremden und Neuen behutsam umzugehen.